SUS 2/ 2024

Kommentar: Kein Alleingang beim Tierschutzgesetz!

Stephan Schneider, Leiter Fachbereich Zucht und Genetik vom Bundesverband Rind und Schwein (BRS), fordert EU-weite Lösungen zum Tierschutz.

Die meisten Schweinehalter stehen höheren Tierschutzstandards offen gegenüber. Doch mit der geplanten Novelle des Tierschutzgesetzes schießt das Bundeslandwirtschaftsministerium übers Ziel ­hinaus. Während sich viele Berufskollegen in anderen EU-Ländern zurück­lehnen können, überfordern vor allem die geplanten Vorgaben zum Kupierverzicht die deutschen Landwirte (siehe Beitrag "Berlin verschärft den Tierschutz").

Positiv ist, dass ein mäßiges Kürzen der Schwänze um ein Drittel unter bestimmten Maßgaben möglich bleiben soll. Für absolutes Un-verständnis sorgt jedoch der Ansatz, dass für kupierte Tiere pauschal höhere Platzvorgaben gelten sollen. Denn eines zeigen Untersuchungen klar: Größere Buchten allein verhindern Schwanzbeißen nicht.

„Wir brauchen
EU-weite Lösungen
zum Tierschutz.“

Noch schlimmer ist, dass ein höheres Flächenangebot die Schweinehaltung massiv verteuern würde. Nach aktuellen Berechnungen können die Verschärfungen beim Kupierverzicht unsere Betriebe mit rund 1 Mrd. € zusätzlich belasten. Es drängt sich der Eindruck auf, dass das BMEL den Tierschutz auch dafür nutzen will, die konventionelle Tierhaltung unattraktiv zu machen und die Bestände weiter auszudünnen. Das ist Bestandsabbau durch die Hintertür!

Hinzu kommt: Die Novelle enthält mit der Kennzeichnungspflicht für verendete Tiere einen weiteren dicken Brocken. Kalkulationen zeigen, dass ein 700er-Sauenbetrieb hierfür jährlich rund 70 Arbeitsstunden zusätzlich aufbringen müsste. Angesichts der hohen Arbeitsbelastung fehlt die Zeit für wirklich tierschutzrelevante Aufgaben wie die Geburtsüberwachung oder die Tierkontrolle.

Ein weiterer Konfliktpunkt sind die unpräzisen Straf- und Bußgeldvorschriften. Denn sie öffnen Tierschutzaktivisten Tür und Tor und lassen eine Klagewelle gegen die Nutztierhaltung befürchten.

Es ist höchste Zeit, das Tierschutzgesetz noch einmal anzupacken und die kritischen Punkte zu überarbeiten. Beim Kernthema Kupierverzicht brauchen wir eine EU-weite Lösung. Nur so lassen sich die riesigen Herausforderungen meistern und weitere, einseitige Belastungen für deutsche Schweinehalter vermeiden. Für 2025 hat Brüssel eine Verordnung zum Wohlbefinden von Nutztieren angekündigt. Ein weiterer deutscher Alleingang ist damit überflüssig und tabu!