Fleisch hat ein Imageproblem. Zwar wollen viele Menschen nicht gänzlich darauf verzichten. Doch in den Medien, der Politik oder im privaten Umfeld ist dessen Verzehr selten positiv besetzt. Berichte über vermeintliche Tierschutzverstöße haben etliche Verbraucher verunsichert.
Die oft haltlosen Vorurteile haben sich in der öffentlichen Wahrnehmung verfangen. Das auch, weil die Branche lange den Grundsatzkritikern der Nutztierhaltung das Feld überlassen hat. Statt gegenzuhalten, sind etliche Imagekampagnen der Land- und Fleischwirtschaft in der Planungsphase gescheitert oder die Marketingbudgets fielen zu knapp aus.
Nun nimmt die Fleischbranche einen neuen Anlauf, und der könnte es zumindest finanziell in sich haben. Ersten Informationen zufolge sollen allein die großen Schweineschlachter in Deutschland 0,30 € pro Tier einsammeln. Das wären nach aktuellem Stand mehr als 12 Mio. € pro Jahr.
Wie dieses üppige Budget verwaltet bzw. eingesetzt werden soll, wird noch ausgehandelt. Dem Vernehmen nach will man aber die Organisationsstrukturen schlank halten und auch der Landwirtschaft ein Mitspracherecht einräumen.
SUS hat mit Branchenkennern und Kommunikationsprofis gesprochen, wie sie zur neuen Initiative stehen.
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Gegenpol zu kritischen Medienberichten
Lena Meinders, Beratungsagentur AFC Consulting
Wir haben im letzten Jahr knapp 2.200 Medienmeldungen mit kritischem Inhalt zur Agrar- und Ernährungsbranche erfasst. Davon waren 443 Meldungen an das Thema Tierwohl und Tierhaltung adressiert, doppelt so viele wie 2021.
Medien treten dabei häufig als Sprachrohr selbsternannter Tierschützer auf. Die Berichte zu angeblichen oder tatsächlichen Fehlverhalten von Tierhaltern sind ein willkommenes Futter für einen vermeintlich investigativen Journalismus und steigern zuverlässig die Auflage. Deshalb ist es für den Veredlungssektor sicherlich der falsche Weg, immer abzuwarten, bis die kontroversen Themen der Nutztierhaltung in der medialen Öffentlichkeit ankommen und polemisiert werden.
Vielmehr gilt es für die beteiligten Marktakteure, geschlossen in die Öffentlichkeit zu treten, aktiv zu diskutieren und gemeinsam für einen transparenten Einblick in die Lebenswirklichkeit der Fleischbranche zu sorgen. Eine präventive Kommunikation durch die richtigen Stellen hilft, den Medien den Wind aus den Segeln zu nehmen und das Vertrauen der Verbraucher in die deutsche Fleischerzeugung zu stärken.
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Gutes Image stützt die Hofnachfolger
Jürgen Langreder, Schweinehalter und BRS-Vorstand
Veränderungen haben die Schweinehaltung seit meinem Berufseinstieg schon immer begleitet. Aber seit rund zehn Jahren schauen wir unserer Branche beim Sterben zu. Aktuelle Rekorderlöse können nicht über die massiven Verluste der letzten Jahre und die fehlende Perspektive hinwegtäuschen.
Wer hier als potenzieller Hofnachfolger noch nicht das Weite gesucht hat, wird spätestens bei der Außenwahrnehmung unserer Branche ins Grübeln kommen. Durch die andauernde Negativberichterstattung hat sich ein Zerrbild ohnegleichen in der Gesellschaft entwickelt. Darin werden Fleischgenuss und Nutztierhaltung per se mit Gesundheitsbedenken und Tierquälerei verknüpft.
Wenn wir jetzt nicht schleunigst selbst anpacken und unser Image aufpolieren, wird unsere Branche weiter mit Unwahrheiten und Vorurteilen überschüttet. Und anpacken bedeutet, dass wir Landwirte zusammen mit den vor- und nachgelagerten Bereichen Geld für professionelle Marketingkampagnen in die Hand nehmen müssen.
Und das nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern auch, um die Nachfolger für unsere Familienbetriebe zu stützen.
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Umweltschutz und Tierwohl betonen
Lea Fließ, Forum Moderne Landwirtschaft
Herzlichen Glückwunsch an die Fleischbranche, wenn es ihr gelingt, Geld für eine umfangreiche Imagekampagne aufzubringen! Nun kommt es darauf an, auch die richtigen Botschaften an die Menschen zu senden.
Dabei wird es nicht reichen, sich mit der Bedeutung von Fleisch für die Ernährung zu beschäftigen. Es ist notwendig, die Fleischerzeugung in den Kontext einer Produktion zu stellen, die zu mehr Tierwohl und Umweltschutz beiträgt. Das sind die Zukunftsthemen, die die Menschen auch emotional bewegen.
Allerdings ist eine nachhaltigere Produktion teurer und die Erzeuger müssen entsprechend honoriert werden. Damit die Bevölkerung bereit ist, dies anzuerkennen und finanziell zu unterstützen, müssen wir Transparenz in der gesamten Kette schaffen.
Das Forum Moderne Landwirtschaft hat hierfür eine Dialog-Infrastruktur aufgebaut, die z. B. den ErlebnisBauernhof auf der Grünen Woche, die AgrarScouts oder Präsenzen in den Sozialen Medien umfasst. Als wichtiges Kettenmitglied ist die „Initiative Fleisch“ herzlich eingeladen, die Reichweite dieser Infrastruktur zu nutzen.
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Möglichst viel Geld fürs Marketing
Dr. Heike Harstick, Verband der Fleischwirtschaft
Die Menschen in Deutschland essen weiterhin gerne Fleisch. Sie werden jedoch durch die aktuelle Bundesregierung, NGOs und die Medien stark verunsichert. Es herrscht ein regelrechtes Fleischbashing, das sich auf die öffentliche Meinung auswirkt. In der Folge trauen sich immer weniger Menschen, selbstbewusst zu ihrem Fleischgenuss zu stehen.
Um dem etwas entgegenzusetzen, ist ein Ausbau unserer bestehenden Imagearbeit unabdingbar für die Sicherung der Fleischerzeugung in Deutschland.
Wir streben eine von der Kette gemeinsam getragene Branchenkommunikation an, die zur Imageverbesserung des Lebensmittels Fleisch in der Breite beiträgt. Das bedeutet, dass neben der Roten Seite auch die bäuerlichen Interessenverbände eingebunden werden.
Wir arbeiten derzeit an einem Finanzierungskonzept und den notwendigen Vertragsvereinbarungen. Zudem soll eine schlanke Organisationsstruktur dafür sorgen, dass möglichst viel Geld in die Öffentlichkeitsarbeit fließt.
Wenn dies in den kommenden Wochen gelingt, könnte das neue Projekt zum Jahresanfang 2024 starten.