Green Deal: Wissenschaft sieht Nahrungsmittelproduktion gefährdet

Die ambitionierten Klimaziele könnten die globale Nahrungsmittelproduktion ineffizient machen, warnen Experten.

Die EU hat mit dem Green Deal einen ambitionierten Plan zum Schutz des Klimas aufgestellt. Ziel ist es, Europa bis 2050 klimaneutral zu gestalten. Neben handelbaren Emissionsrechten als zentralem Instrument sollen Vorgaben zur Reduzierung der heimischen Emissionen umgesetzt werden. Die Ökolandwirtschaft soll ausgedehnt und der Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln deutlich reduziert werden.

So wichtig der Klimaschutz auch ist, die vorgeschlagenen Maßnahmen könnten global betrachtet genau das Gegenteil von dem bewirken, was die EU eigentlich erreichen will. Darauf weist der Agrarökonom Prof. Dr. Harald von Witzke vom Thaer Forum für Agrikultur (TFFA) e. V. und emeritierter Professor für internationalen Agrarhandel und Entwicklung an der Humboldt-Universität zu Berlin hin. Experten kritisieren die Fokussierung des Green Deal auf die Auswirkungen innerhalb der EU. Der Ökolandbau weist ein deutlich geringeres Ertragsniveau als der konventionelle Landbau auf. Dies führt weltweit zu einer zusätzlichen Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzflächen. Dadurch werden global per Saldo weit mehr Klimagase emittiert als in der EU eingespart, weiterhin wird Biodiversität zerstört.

Die Weltbevölkerung wird nach aktuellen Schätzungen bis 2050 um rund 2 Milliarden Menschen anwachsen; gleichzeitig gelten mehr als 800 Mio. Menschen auf der Welt als unterernährt. Die globale Nahrungsmittelerzeugung müsste um rund 50 % gesteigert werden. Erforderlich wäre eine nachhaltige Intensivierung der bestehenden landwirtschaftlichen Systeme, um eine zusätzliche Umwandlung natürlicher Ökosysteme in landwirtschaftliche Nutzflächen zu minimieren. Besonders die Gunststandorte mit einer effizienten landwirtschaftlichen Erzeugung und vergleichsweise geringen Umweltbelastungen, wie beispielsweise Deutschland, spielen hierbei eine besondere Rolle. Die EU ist bereits jetzt Nettoimporteurin von landwirtschaftlichen Rohstoffen und nutzt somit jährlich zwischen 17 und 34 Mio. Hektar außerhalb europäischer Grenzen. Deutschland trägt hierzu 6 bis 7 Mio. ha bei. Eine bewusst provozierte Extensivierung und Reduzierung der innereuropäischen landwirtschaftlichen Erzeugung ist auch aus Sicht der globalen Versorgungssicherung nicht vertretbar und verantwortungslos. Der Green Deal darf nicht dazu führen, dass Europa auf Kosten von Drittländern und der Welt insgesamt klimapolitisch gut dasteht. Die durch den Green Deal verursachten erhöhten weltweiten Klimagasemissionen schaden schließlich auch dem Klima in der EU. Jede vorgeschlagene Maßnahme muss daher hinsichtlich ihrer internationalen Auswirkungen überprüft werden.