Haltungskennzeichnung mit begrenztem Effekt aufs Tierwohl​ ​

Für mehr Tierwohl braucht es auch öffentliche Mittel, sagt Prof. Lars Schrader vom FLI.

Vor überzogenen Erwartungen an die Haltungskennzeichnung warnt der Leiter des Friedrich-Loeffler-Instituts für Tierschutz und Tierhaltung (ITT), Prof. Lars Schrader. Zwar könne die verbindliche Kennzeichnung zu Verbesserungen beim Tierwohl führen, sagt Schrader und weist darauf hin, dass sich Landwirte motiviert sehen könnten, ihren Stall für die Stufen Frischluft oder Auslauf umzubauen. Ohne zusätzliche Unterstützung mit öffentlichen Mitteln werde dies jedoch „ein überschaubares Segment“ bleiben. Der Wissenschaftler bezeichnet die Haltungskennzeichnung als ersten Schritt, um beim angestrebten Umbau überhaupt in die Umsetzung zu kommen. Eine Transformation der Tierhaltung werde es jedoch nur geben, wenn die Vorschläge der Borchert-Kommission insgesamt umgesetzt würden. Schrader kritisiert ein unabgestimmtes Vorgehen innerhalb der Bundesregierung. So sei es nicht sinnvoll, „wenn auf der einen Seite das Bundeslandwirtschaftsministerium ein Konzept für eine Tierhaltungskennzeichnung vorstellt und auf der anderen Seite das Bundesumweltministerium zu verstehen gibt, dass dieses Konzept nicht mit den immissionsschutzrechtlichen Vorschriften vereinbar ist“. Für weitgehend lösbar hält der langjährige Institutsleiter den Zielkonflikt zwischen Tierwohl und Luftreinhaltung: „Emissionen müssen in offenen Ställen nicht höher sein als in geschlossenen.“ Man sei bei emissionsmindernden Maßnahmen auf einem guten Weg, auch wenn noch Entwicklungsarbeit notwendig sei.

Schrader bescheinigt den Landwirten eine gestiegene Offenheit für Tierschutz in der Nutztierhaltung: „Ich nehme anders als früher eine Ernsthaftigkeit der Landwirte wahr, die Tierhaltung in ihren Ställe zu verbessern.“ Gleichwohl seien die bislang erzielten Fortschritte noch unzureichend. Den größten Handlungsbedarf sieht der Wissenschaftler in der Mastrinderhaltung, für die es an gesetzlichen Grundlagen fehle. Im europäischen Vergleich stehe die hiesige Landwirtschaft beim Tierschutz vergleichsweise gut da. Schrader verweist auf die große Bedeutung des Themas für Politik und Öffentlichkeit. Er ist sich sicher, dass sich diese Diskussion auch in anderen EU-Ländern niederschlagen und dort der Druck auf die Tierhalter ebenfalls zunehmen wird. Ein einheitliches Vorgehen in Europa beim Tierschutz sei wünschenswert, lasse aber allenfalls auf längere Sicht Fortschritte erwarten. In Deutschland seien positive Entwicklungen nicht zuletzt durch Tierschutz-Label und die Initiative Tierwohl (ITW) angestoßen worden. AgE


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