Die Krisenjahre 2021 und 2022 waren für Deutschlands Ferkelerzeuger eine knallharte Zeit. Sehr viele mussten die Sauenhaltung über andere Betriebszweige quersubventionieren oder sogar Überbrückungskredite beantragen. Auch Jürgen Thum kann sich noch gut an diese herausfordernde Zeit für seinen gewerblichen Sauenbetrieb erinnern. Er hat daraus seine Lehren gezogen und ist im vergangenen Jahr die ersten Schritte in eine integrierte Produktion gegangen.
Fazit
- Jürgen Thum bewirtschaftet einen eigenen Sauen- und Maststall und hat einen Sauenstall zugepachtet.
- Vor sieben Jahren ist er neu in die Sauenhaltung eingestiegen.
- Den Maststall hat er auf Haltungsstufe 3 umgebaut. Die Schweine gehen an Edeka-Bauernschätze.
- Viele Ferkel sind vertraglich über Regionalprogramme abgesichert.
- In Kürze steigt er in die Aufzucht von Babyferkeln zu einem vertraglich vereinbarten Preis ein.
Ausgangspunkt war, dass die Edeka-Gruppe Nordbayern-Sachsen-Thüringen für ihr „Bauernschätze“-Markenfleischprogramm noch auf der Suche nach Schweinemastbetrieben in der Region Franken war, die mindestens die Haltungsform 3 erfüllen. Thum hörte davon und wollte dabei sein. Kurzerhand entschloss er sich, seinen 1.100-Maststall auf Haltungsform 3 umzubauen.
Teilnahme bei Bauernschätze
Im Oktober 2023 unterzeichnete er dann den Vertrag mit der Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen. Als Laufzeit standen zwischen ein bis 15 Jahren alles offen. Er wählte eine Vertragslaufzeit von drei Jahren. „Das war für mich das attraktivste Modell“, erinnert sich Jürgen Thum, „außerdem verlängert sich der Vertrag nach den drei Jahren automatisch jeweils um ein Jahr, wenn kein Vertragspartner kündigt.“ Als Vermarktungspartner fungiert die Raiffeisen Viehzentrale (RVZ).
Bei der Bezahlung der Landwirte löst sich Edeka von der Notierung und bezahlt stattdessen über das sogenannte Kostpreismodell. Die Erzeugungskosten der Ferkel- und Mastschweinebetriebe werden dabei von einer neutralen Stelle regionsspezifisch bewertet, halbjährlich aktualisiert und im Preis für die Tiere berücksichtigt. „Seit ich dabei bin, lagen die Preise über der Notierung“, berichtet der 33-jährige Landwirtschaftsmeister zufrieden.
Auch einen Großteil der Ferkel aus seinem gewerblichen 600er-Sauenstall im mittelfränkischen Neuherberg hat er inzwischen über Verträge abgesichert. Er beliefert damit Mäster, die ebenfalls am Bauernschätze-Programm oder an anderen Regionalprogrammen teilnehmen.
„Ich habe meine Lehren aus der jüngsten Preiskrise gezogen und mich bewusst für diesen Weg entschieden“, berichtet der Unternehmer. Die Verträge und die preisliche Absicherung geben ihm die nötige Planungssicherheit, Stabilität und Liquidität für die Produktion und zukünftige Investitionen. „Seitdem starte ich wieder anders in den Tag“, sagt der Landwirt erleichtert.
Neueinstieg in Sauenhaltung
Jürgen Thum ist Neueinsteiger in die Sauenhaltung. Er hat landwirtschaftliche Wurzeln und seine Lehre auf einem großen Sauenbetrieb in Schwaben absolviert. Während der Ausbildungszeit entdeckte er seine Leidenschaft für die Ferkelerzeugung. Im Anschluss an seinen Meister bekam er 2017 die Möglichkeit, einen Betrieb mit 280 Sauenplätzen und Ferkelaufzucht im mittelfränkischen Hambühl zu pachten.
Der Landwirt nutzte die Chance und machte sich in kurzer Zeit einen Namen als versierter Sauenhalter und zuverlässiger Geschäftspartner. 2019 bot man ihm dann in Neuherberg, 27 km von Hambühl entfernt, einen NT-Stall im Außenbereich samt Baugenehmigung für einen Abferkelstall sowie einen 1,2 km entfernten Ferkelaufzuchtstall an. Das Angebot reizte ihn, schließlich konnte er an diesem Standort einen Stall ganz nach seinen Vorstellungen realisieren.
Nach kurzer Bedenkzeit schlug der entscheidungsfreudige Landwirt ein und entschied sich, den NT-Stall komplett zu entkernen, um dort einen neuen Deck- und Wartebereich zu errichten. Außerdem wollte er einen neuen Abferkelstall mit Bewegungsbuchten bauen. Bei verschiedenen Betriebsbesuchen in Dänemark, die die Firma Danbauer organisiert hatte, holte er sich Inspirationen für seinen Neu- und Umbau.
Damit hatte er seine Betriebsentwicklung aber noch längst nicht abgeschlossen. 2023 wurde ihm ein Maststall in Diespeck, 9 km entfernt von Hambühl und 34 km von Neuherberg, nach 3-jähriger Pacht zum Kauf angeboten. Auch hier griff er zu und baute die beiden Gebäude auf Haltungsstufe 3 um.
144 Bewegungsbuchten
Der neue Stall in Neuherberg besteht aus einer Hygieneschleuse, einem Betriebsbüro, einem Technik- und Lagerraum, einem Jungsaueneingliederungsstall mit 72 Plätzen für drei Altersgruppen sowie zwei Abferkelabteilen mit jeweils 72 Bewegungsbuchten. Die Buchten sind 6,5 m² groß und verfügen über ein geschlossenes Ferkelnest.
Seine Herde (TN70) fährt Jürgen Thum im verkürzten 3-Wochen-Rhythmus, das heißt mit acht Sauengruppen. Im Vergleich zum normalen 3-Wochen-Rhythmus kann er so 14 % mehr Sauen halten. Die hochtragenden Sauen werden samstags eingestallt. Am darauffolgenden Mittwoch oder Donnerstag werden die Buchten geschlossen. Hauptabferkeltag ist dann der Freitag. Die Sauen ferkeln zügig ab, eine aufwendige Geburtskontrolle oder eine Nachtwache sind nicht nötig. Bis Montag wird lediglich bei Bedarf ein Wurfausgleich durchgeführt, Ziel sind 16 Ferkel je Sau. Ammensauen gibt es keine.
Am Montag werden die Ferkel dann unter Isoflurannarkose kastriert, die Schwanzspitzen gekürzt, die Ohrmarken eingezogen und Eisen injiziert. Anschließend werden die Ferkelschutzkörbe wieder geöffnet. Die Ferkel und Sauen lassen Thum und seine Mitarbeiter dann bis zum Absetzen nach 27 Säugetagen mit einem Gewicht von rund 8 kg in Ruhe. Erst dann impfen sie die Ferkel gegen Mykoplasmen und PCV2.
Vitale Ferkel, warmes Nest
Mit seinem Abferkelstall ist Jürgen Thum auch mehr als vier Jahre nach der ersten Abferkelung noch top zufrieden. Mit den Bewegungsbuchten kommen seine Sauen sehr gut klar. Auch die Erdrückungsverluste sind sehr gering. Wichtig für den Landwirt ist, dass die Ferkel vital sind und die Geburtsgewichte kaum streuen. „Hier hat sich die Umstellung auf den Tempo-Eber ausgezahlt“, resümiert er nach zwei Jahren Eberwechsel.
Ganz entscheidend ist seiner Ansicht nach auch das Ferkelnest. Er ist froh, sich gegen eine Fußbodenheizung und für Dunkelstrahler und eine dicke Gummimatte entschieden zu haben. „Stecken die Ferkel ihre Rüssel zum Nest heraus, weiß ich, dass ich den Dunkelstrahler abstellen kann, und die Tiere die Wärme nun allein erzeugen“, schildert er.
Während die Ferkel im Nest wohlig warm liegen, kann Thum die Temperatur für die Sauen entsprechend niedrig fahren. Im Sommer sorgt eine Hochdruckvernebelung vor den Zuluftklappen für eine angenehme Kühlung. Neben dem Klima ist ihm die Fütterung sehr wichtig. Er schwört auf ein Geburtsfutter mit einem Gerstenanteil von 60 %, wovon die Hälfte gequetscht wurde. Weil jedes Abferkelabteil über eine eigene Futterkette verfügt, kann er den hochtragenden Sauen das Geburtsfutter von der Einstallung bis kurz nach der Geburt anbieten.
Die vollautomatische Einzeltierfütterung nach Futterkurve über das OptiMum-System sorgt zudem dafür, dass die Sauen nur so viel Futter erhalten, wie sie angefordert haben. „Wir müssen keine Tröge reinigen“, berichtet Thum von einen großen Vorteil der Fütterung. „Unsere Sauen sind sehr entspannt. MMA und abgesäugte Tiere sind kein Thema“, sagt er erfreut. Entsprechend erfolgt die Selektion der Schlachtsauen hauptsächlich nach dem Gesäuge und der Anzahl der noch funktionsfähigen Zitzen.
Bewegung im Deckbereich
Nach dem Absetzen am Donnerstag treiben Thum und seine Mitarbeiter die Sauen in den Deck-/Wartestall. Dort gibt es drei Besamungsbereiche mit Korbbuchten für drei 60er-Sauengruppen. Die Sauen werden hier im Schnitt zweimal nach Duldung belegt und nur für den Belegzeitraum von Samstagnachmittag bis Mittwochvormittag fixiert.
Großen Wert legt Jürgen Thum auch hier auf die Fütterung. So füttert er jeder Sau täglich 200 g Zucker und 4,5 kg Tragefutter bzw. zur Belegung 3 kg. „Mit diesem Futter-Kick lege ich den Grundstein für die Wurfgröße und eine gute Sauenkondition“, erklärt er seine Erfahrungen. Und weil das gut funktioniert, verzichtet der Landwirt sowohl im Deck- als auch im Wartestall auf die Bildung von Konditionsgruppen.
Bodenfütterung bringt’s
Gegenüber dem Deckbereich gibt es ein paar kleinere Buchten für die Eber und behandlungsbedürftige Sauen. Außerdem verfügt der Stall über vier Wartebereiche für je 60 Sauen mit großen Liegekesseln auf Festfläche. Oberhalb der Festfläche hängen die Volumendosierer für die Bodenfütterung der Sauen.
Die Bodenfütterung löst Jürgen Thum oder sein Mitarbeiter morgens nach der Kontrolle der Festflächen aus. Um das trockene Futter einzuspeicheln, laufen die eher schnell fressenden, meist ranghöheren Sauen zwischen Futter und Tränke hin und her. Das gibt langsamer fressenden, rangniederen Tieren die Möglichkeit, selbst genug Futter aufzunehmen.
In den zwei Stunden nach der Fütterung sind die Tiere zudem damit beschäftigt, sich das Futter abzuschlecken, das beim Ausdosieren auf ihre Rücken und Flanken fiel. „Das ist sehr wichtig für das Sozialgefüge in der Gruppe“, berichtet Thum von seinen Beobachtungen. Das Ergebnis sind zufriedene, satte Sauen und kaum Rangkämpfe.
Minimaler Arbeitsaufwand
Die insgesamt einfache, mitarbeiterfreundliche Technik im Sauenstall in Neuherberg sowie wenige Tierbehandlungen und keine Ammensauen tragen dazu bei, dass der Landwirt den Stall mit minimalem Arbeitsaufwand fahren kann. Das ist auch wichtig, schließlich kümmern sich um die drei Betriebsstandorte insgesamt drei Vollarbeitskräfte inklusive Jürgen Thum als Betriebsleiter. Die Dokumentation und Büroarbeit erledigt seine Mutter.
„Mir ist wichtig, dass meine Mitarbeiter ihre Arbeiten von 8 bis 16/17 Uhr schaffen und jedes zweite Wochenende frei haben“, berichtet der Unternehmer. Zudem legt er auf einen wertschätzenden Umgang und ein gutes Miteinander großen Wert. „Ich arbeite mit meinen Mitarbeitern auf Augenhöhe. Alle Arbeiten, die sie machen, mache ich auch“, erklärt er. Hilfreich ist dabei, dass die Arbeiten in der Schweinehaltung so gut planbar sind und auf dem Betrieb keinerlei Außenarbeiten anfallen. Thums feste Überzeugung lautet deshalb auch: „Sauenhaltung oder Ackerbau – beides geht nicht.“
Um Betriebsblindheit vorzubeugen, geht sein Tierarzt von der Tierarztpraxis Gedecke regelmäßig nach den Abferkelungen durch den Stall. Die Kennzahlen im db.Sauenplaner wertet zudem ein externer Produktionsberater über AgriSyst aus. Der Berater betreut auch den Arbeitskreis von Jürgen Thum und kann mithilfe des Auswertungstools einen Vergleich der Daten zwischen den Betrieben möglich machen.
Umbau geplant
Für die betriebliche Entwicklung setzt sich der Unternehmer auch immer wieder Ziele. „Als ich 2017 mit dem Pachtstall angefangen habe, wollte ich 30 abgesetzte Ferkel ohne viel Schnickschnack erreichen“, erinnert er sich. Jetzt steht er bei 34,5 abgesetzten Ferkeln je Sau und Jahr und plant die nächsten Schritte.
Am Deck-/Wartestall in Neuherberg will Jürgen Thum ein Pultdach anbauen, um so die ab 2029 geforderten 5 m² je Sau zu realisieren. Am Pachtstall soll hingegen mit der Sauenhaltung Schluss sein. Hier werden im März 2024 die letzten Sauen abferkeln. Anschließend will der Betriebsleiter den Abferkelstall zum Flatdeck und den NT-Stall zur Mast umbauen. Denn künftig will er Babyferkel für die EG Franken-Schwaben aufziehen. Dafür hat er bereits einen Vertrag mit einem garantierten Festpreis für die Aufzucht abgeschlossen. Auch hier wählt der Unternehmer also den Weg einer abgesicherten Produktion und setzt auf verlässliche Partner.
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