Gespaltenes Echo zur Haltungskennzeichnung

ITW und ISN begrüßen den neuen Vorstoß, sehen aber auch noch ordentlich Verbesserungspotenzial.

Licht und Schatten sieht die Initiative Tierwohl (ITW) bei den von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir vorgestellten Eckpunkten für eine verbindliche staatliche Haltungskennzeichnung. Positiv wertet die ITW die vorgesehene Stufe „Stall+Platz“, die mehr Tierwohl auch in einem geschlossenen Stallsystem ermöglicht. Negativ zu Buche schlagen für die privatwirtschaftliche Organisation die vorgesehene Kontrolle der Betriebe in staatlicher Regie sowie insbesondere das fehlende Finanzierungskonzept.

Für die überwältigende Mehrheit der Landwirte in Deutschland sei ein Stallumbau mit Auslauf oder mehr offenen Wänden auf absehbare Zeit kaum möglich, erläuterte ITW-Geschäftsführer Robert Römer. Umso wichtiger sei, dass die Betriebe in der ITW, die in den letzten Jahren erste wichtige Schritte zu mehr Tierwohl gegangen seien, auch in der geplanten staatlichen Tierhaltungskennzeichnung berücksichtigt würden.

Bei der vorgesehenen Kontrolle der Betriebe mahnt der ITW-Geschäftsführer eine stärkere Zusammenarbeit mit bestehenden Kontrollsystemen der Wirtschaft an. Seinen Angaben zufolge werden die Betriebe der ITW zweimal pro Jahr kontrolliert. Die hierfür geschaffene Infrastruktur sei effizient und effektiv. Aus Sicht der Tierhalter sei fraglich, ob neben den sonstigen Kontrollen der Wirtschaft im Rahmen der ITW, des QS-Systems oder anderer Kontrollsysteme noch weitere zusätzliche Kontrollen durch den Staat hinzukommen müssten. ITW-Geschäftsführerkollege Dr. Alexander Hinrichs betonte die Notwendigkeit eines tragfähiges Finanzierungsmodells zur großflächigen Umgestaltung der Tierhaltung. „Eine gänzlich vom Markt abgekoppelte staatliche Finanzierung erscheint innerhalb des europäischen Binnenmarkts als nicht realistisch“, so Hinrichs.

Der Interessenverband der Schweinehalter (ISN) fragt sich dagegen sprichwörtlich, warum es bei den Plänen des Ministeriums nicht um die Wurst geht. "Nüchtern betrachtet muss man festhalten, dass die staatliche Haltungskennzeichnung, so wie sie nun vorgestellt wurde, lediglich genau für die Absatzwege und Fleischprodukte verpflichtend wird, die mit wenigen Ausnahmen so oder so bereits über die Haltungsform des Handels gekennzeichnet sind", führt ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack weiter aus.

So habe man vom Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir viele wertschätzende Wort gehört. Zudem habe er in seine neuen Pläne für eine Kennzeichnung eine Stufe mit mehr Tierwohl innerhalb des Stalles aufgenommen. "Aber: Den deutschen Schweinehaltern läuft die Zeit davon – jeden Tag steigen mehr Betriebe aus", so Staack. "Es ist ein Problem, dass die Sauenhaltung in der Kennzeichnung weiter überhaupt keine Rolle spielt. Dabei sind besonders diese von zusätzlichen gesetzlichen Vorgaben in Deutschland betroffen. Und dadurch, dass der Großhandel, die Außer-Haus-Versorgung und verarbeitete Produkte vorerst nicht berücksichtigt sind und auch Importware ungekennzeichnet bleiben kann, ist Fleischimporten aus anderen Staaten mit ggf. geringeren Erzeugerstandards noch über eine lange Zeit Tür und Tor geöffnet, weiter unter dem Radar zu schwimmen und die Preise hierzulande zu unterbieten“, legt Staack den Finger in die Wunde.

Mit Material von AgE


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