Haltungskennzeichnung steht für Verbrauchertäuschung und Strukturbrüche

BRS-Geschäftsführerin Dr. Nora Hammer kritisiert den Gesetzesentwurf zur Tierhaltungskennzeichnung scharf.

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft befasste sich vergangenen Montag mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung für eine verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung. Zu den geladenen Experten zählte auch die Geschäftsführerin des Bundesverbandes Rind und Schwein e.V., Dr. Nora Hammer. Sie findet klare Worte zum intensiven Austausch in Berlin. „Es ist erfreulich, dass sich alle Experten in einem Punkt einig waren: Der Gesetzesentwurf muss deutlich nachgebessert werden!“, erklärte die Funktionärin.

So hätten die letzten Wochen gezeigt, dass das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz nur ein Baustein der Nutztierstrategie des BMEL ist. Bei der Betrachtung und Bewertung all dieser Vorhaben in ihrer Gesamtheit ist festzustellen, dass künftig sehr einseitig nur noch wenige Betriebe unterstützt werden sollen. Die konventionell wirtschaftende Schweinehaltung wird dagegen von jedweden Perspektiven weitgehend ausgeschlossen. Ohne Nachbesserungen im Baugesetzbuch und der Technischen Anleitung Luft als Voraussetzung für Stallum- oder Neubauten, ist es für Landwirte nicht möglich, in höhere Haltungsformen zu investieren. „Zwar gibt es bereits erste Vorschläge; sie greifen aber zu kurz und werden für Strukturpolitik missbraucht“, kritisiert Hammer.

Zum Schutz der heimischen Ferkelerzeuger müsse zeitgleich mit der Haltungskennzeichnung eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung auf den Weg gebracht werden. Es darf nicht sein, dass im Ausland unter niedrigeren Produktionsstandards erzeugte Ferkel, in Deutschland gemästet und dann mit der höchsten Haltungsform dem deutschen Verbraucher in der Theke angeboten werden. „Als Verbraucher frage ich mich, ob ein Tierhaltungskennzeichnungsgesetz ohne Tierwohlkriterien überhaupt geeignet ist, dem Wunsch der Verbraucher nach mehr Transparenz in Richtung Tierschutz und Tierwohl nachzukommen“, führt die BRS-Geschäftsführerin weiter aus. Der Verbraucher setzt höhere Haltungsstufen mit mehr Tierwohl und Tierschutz gleich und wird mit diesem Gesetz schlichtweg getäuscht.

30 Verbände, Agrarminister und politische Gremien haben den Entwurf bereits kritisiert und fordern Nachbesserung. Der Gesetzesentwurf stellt einen gravierenden Markteingriff dar mit nicht tolerierbaren Folgen:

· Bestehende, gut etablierte Label werden verdrängt. Hier werden Milliardeninvestitionen zunichte gemacht.

· Verbraucher werden getäuscht, wenn nur ein kleines Marktsegment gekennzeichnet werden muss und die Systemgastronomie und Gemeinschaftsverpflegung außen vor bleibt.

· Weiterhin werden Verbraucher getäuscht, wenn das Kennzeichen erst ab dem Haltungsabschnitt Mastschwein gelten soll und die Ferkelerzeugung, die Schlachtung und der Transport nicht berücksichtigt werden.

· Die im Entwurf definierten Platzanforderungen für Auslauf- / Freilandsysteme gehen deutlich über die bisherigen Anforderungen hinaus und bestrafen somit die Betriebe, die bereits in diese Haltungsformen investiert haben.

· Die Verantwortung über den erheblichen bürokratischen Mehraufwand wird in die Länder delegiert, Veterinärbehörden noch weiter überlastet und sogar nationale Wettbewerbsverzerrung provoziert. Die Einbeziehung von in der Wirtschaft etablierten Kontrollsysteme, wie die ITW oder QS sparen den Ländern Kosten und ermöglichen die Kontrolle ausländischer Mitbewerber. Es ist absolut unverständlich warum diese nicht einbezogen und genutzt werden.

Der Entwurf zum TierHaltKennzG konterkariert seine eigenen Ziele nach mehr Transparenz und Glaubwürdigkeit für Verbraucher. Er schafft mehr Verwirrung als Klarheit, verdrängt bekannte und bereits etablierte Tierwohllabel und bevorteilt ausländische Ware.

„Ich bin sehr enttäuscht über die Art der Umsetzung eines gesellschaftlichen Wunsches. Mit solch einer Politik wird die Schlinge um den Hals eines zukunftsfähigen und in der Vergangenheit prosperierenden Zweigs unserer Landwirtschaft gelegt. Der Bundeslandwirtschaftsminister gefährdet Wertschöpfung, Arbeitsplätze und missbraucht Verbraucherwünsche für Strukturpolitik“, stellt Hammer klar.

Der Ausschuss wird sich nun im Weiteren in einer nicht-öffentlichen Sitzung über die Ausführungen der heute gehörten Experten beraten und in den kommenden Wochen eine Empfehlung für das weitere Vorgehen aussprechen.

Die Anhörung steht in der Mediathek des Bundestages zur Verfügung zur Verfügung.