Kritik an Thünen-Studie zu Agrarclustern

Die Wissenschaftler sehen in einer Schrumpfung des Agrarsektors Vorteile für andere Branchen.

Das Thünen-Institut hat die regionalwirtschaftlichen Auswirkungen einer möglichen Reduzierung der tierischen Produktion in Regionen mit besonders intensiver Viehhaltung untersucht. Im Fokus der Untersuchung standen dabei die Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft, die von der tierischen Produktion abhängig sind. Ziel ist es, die regionalen Produktionskapazitäten durch eine Diversifizierung vor Ort zu halten. So soll durch das Wachstum anderer Branchen, der Abbau der Vieh- & Fleischwirtschaft weitgehend kompensiert werden. Die Wissenschaftler machen aber auch deutlich, dass diese Diversifizierung von einer stabilen konjunkturellen Entwicklung abhängt. Es ist kein Geheimnis, dass die Landwirtschaft in Regionen mit boomender Industrie, z. B. in Baden-Württemberg, um Arbeitskraft konkurriert.

Jan Müller, Präsident der Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer, reagierte in einer ersten Stellungnahme auf die Studie ungehalten: „Die Agrar- und Ernährungswirtschaft ist seit Jahrzehnten der wichtigste Wachstums- und Beschäftigungsmotor im Oldenburger Münsterland. Durch intensive Verflechtungen der Landwirtschaft mit vor- und nachgelagerten Bereichen ist ein weltweit einmaliges regionales Cluster entstanden. Eine radikale Schrumpfung des Agrarsektors würde die erfolgreichen, geschlossenen Wertschöpfungsketten zerstören und zu erheblichen Wachstums- und Beschäftigungseinbrüchen führen.“ Schon aufgrund unterschiedlicher Qualifikationen dürfe nicht davon ausgegangen werden, dass ein Beschäftigungsabbau im Agrar- und Ernährungssektor zu einem nahtlosen Beschäftigungsaufbau in anderen Sektoren führt, meint Müller.

Die Empfehlung der Thünenwissenschaftler, die Transformation der Agrar- und Ernährungswirtschaft solle „nach Möglichkeit in einer positiven konjunkturellen Phase forciert werden“, hält der IHK-Präsident für wenig hilfreich und auch als praxisfern. Ungeachtet des positiv zu wertenden Ansatzes, Transformationswege hin zu einer diversifizierten Wirtschaft in veredlungsdichten Regionen aufzuzeigen, sollte nicht vergessen werden, dass jeder Bauernhof auch umfangreiche gesellschaftliche Leistungen erbringt. Im Pilotprojekt „Richtig Rechnen in der Landwirtschaft“ ist die Rede von 150.000 Euro je Pilotbetrieb für Umwelt und Gemeinwohl. Es nahmen 40 Betriebe teil. -BRS-