Tönnies-Notbrief: Versorgungsfähigkeit gefährdet!

In einem Kundenbrief zeichnet das Unternehmen die jüngsten Marktverwerfungen auf.

Durch die explosionsartig gestiegenen Kosten in der Fleisch- und Wurstwarenindustrie sah sich das Unternehmen Tönnies Foodservice dazu gezwungen einen Notbrief an seinen Kunden zu senden. Darin erklären die Geschäftsführer Peter Strunz und Jörg Engel, dass „die Grenzen des wirtschaftlich Vertretbaren jetzt endgültig übertroffen wurden“ und eine weitere massive Preiserhöhung notwendig sei. Als Reaktion auf die seit zwei Jahren branchenübergreifend gestörten Lieferketten und der Entwicklung der allgemeinen Kosten für z.B. Energie, Verpackungen, Mindestlohnerhöhung der Fleischbranche, Frachten usw. hatte das Unternehmen erst vor kurzem einen Erhöhungssatz von durchschnittlich 0,35 € ansetzen müssen. Nun hat der Krieg in der Ukraine von Strunz und Engel die Situation in verschiedenen Bereichen nochmals verschärft:

· Force Majeure (Höhere Gewalt) Sonderkündigungsrechte von Strom- und Gaskontrakten.

· Force Majeure in den Lieferketten von EU Geflügel und Versorgungsengpass von deutschem/europäischem Geflügelfleisch.

· Force Majeure in der Beschaffung von Frittier-Fetten.

· Force Majeure bei Senfmehl und Senfsaaten.

· Force Majeure in der Logistik auf Grund Ausfall ukrainischer Fahrer.

· Knappheit von Paniermehlen.

· Explosion der Futtermittelkosten.

· Lieferausfälle auf Grund von Bedruckung / Veredelung von Verpackungen in der Ukraine.

· Knappheit von Arbeitskräften auf Grund von Ausfall ukrainischer Mitarbeiter.

· Massive Störung sämtlicher bestehender Geschäftsgrundlagen.

Darüber hinaus wird in dem Brief auf eine Stellungnahme des niedersächsischen Agrarministeriums hingewiesen, dass der Ukrainekrieg aufgrund bestehender Außenhandelsbeziehungen und durch mögliche Störungen in der Beschaffung von Rohstoffen und Energie für die Ernährungswirtschaft zu einer großen Herausforderung werden könnte. Im schlimmsten Fall ist die Versorgungssicherheit des Landes gefährdet. Das einberufene Krisennetzwerk hat auf Basis des Umstandes von höherer Gewalt offen über mögliche Szenarien zur Notabsicherung wie z.B. Exportverbote, Zuteilung von Gasmengen diskutiert.

In Bezug auf den für das Unternehmen sehr wichtigen Schweinefleischmarkt erklärte die Geschäftsführung, dass sich dieser innerhalb weniger Wochen dramatisch verändert habe. Am 10.02.22 notierte der Schweinepreisindex mit 1,20 €/kg, am 09.03.2022 mit 1,75 €/kg – Tendenz weiter stark steigend. Dies bedeutet für die Wursthersteller eine Rohstofferhöhung von über 45 %. Die Einkaufspreise für Schultern, Lachse, Schinkenteile und Abschnitten hätten sich innerhalb von nur zweieinhalb Wochen um mehr als 1 €/kg erhöht und damit die Kalkulationen der Branche weiter verschlimmert, heißt es weiter.

„Der andauernde niedrige Schweinepreis hat die Landwirtschaft dahingetrieben, ganze Mastanlagen leer stehen zu lassen und massiv weniger Tiere einzustallen. Da auch die Ukraine Futtermittelieferant für die deutsche Schweinemast war, der Weizen mittlerweile 450 €/t kostet und die ersten Landwirte ihr eingelagertes Futtermittel lukrativer am freien Getreidemarkt verkaufen, werden wir durch die aktuelle Situation eine erhebliche Verknappung der Futtermittel und damit eine Rekordverteuerung für die Schweineerzeugung erleben. Auch das begründet weitere steigende Erzeugerpreise“, erläuterte die beiden Geschäftsführer.

Um die Zukunft des Unternehmens zu schützen sei nun der Zeitpunkt gekommen, für diese ausnahmslose und durch höhere Gewalt getriebene Sondersituation in nunmehr allen Bereichen mehr gemeinsames Verständnis zu bekommen. Auf Grund der Knappheit der Schlachttiere bestehe die konkrete Gefahr kurzfristig aus der Versorgungsfähigkeit zu laufen.

„Wir bitten aus diesem Grund in aller Dringlichkeit darum jetzt einen partnerschaftlichen Abschluss über Preisänderungen für alle Rohstoffarten (Schwein, Rind, Geflügel, konventionell wie Bio) zu erreichen. Auf Grund der massiven Rohstoffkostenveränderungen bitten wir darum die Preise mit sofortiger Wirkung und zwingend zu kommender Woche umzusetzen“, so die Geschäftsführer in ihrem Notbrief.


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