SUS 6 / 2023

40 Jahre Ringelschwanz in Schweden

In Schweden ist die Haltung unkupierter Tiere Standard. Eine deutsche Expertenkommission hat sich auf drei Betrieben das Erfolgsrezept genauer angeschaut.

Unsere Autorinnen: Anna Farwick, ISN-Projekt GmbH, Jana Friederichs, Förderverein Bioökonomieforschung e. V.

Während der Kupierverzicht in Deutschland kontrovers diskutiert wird, blicken die Schweden mit der berühmten skandinavischen Gelassenheit auf dieses Thema. Denn das Land zählt zu den wenigen EU-Staaten, in denen das Kupieren bereits seit Jahrzehnten verboten ist und ausnahmslos umgesetzt wird.

Fazit
- In Schweden wird schon seit ­Jahrzehnten nicht mehr kupiert.
- Die Herden sind oft hochgesund. Dies ist auch auf die geringe Schweinedichte zurückzuführen.
- Die schwedische Standardbucht ist klar strukturiert, bietet viel Platz und Festfläche sowie ein Tier-­Fressplatzverhältnis von 1 : 1.
- Einige Schweinebetriebe liegen bei unter 1 % Schwanzverletzungen.
- Die Verbraucher unterstützen die Tierwohlhaltung.

In den Audits der EU-Kommission wird Schweden deshalb oft als Vorbild für andere Länder genannt. Doch wie gehen die Nordeuropäer die Haltung unkupierter Tiere an und was lässt sich auf unsere Schweinehaltung übertragen? Mit diesen und weiteren Fragen im Gepäck hat sich eine Expertengruppe im Rahmen des Projektes „Nationales Wissensnetzwerk Kupierverzicht“ auf den Weg gemacht und drei schwedische Betriebe besucht.

Langtrog in der Abferkelbox

Als erstes steuerten die Experten den Betrieb von Kristina und Niklas Johansson an. Das Ehepaar hält 720 Sauen und gibt die Ferkel als 30 kg-Läufer an einen Freilandmastbetrieb ab. Mit 31,4 verkauften Ferkeln je Sau und Jahr zählt man zu den Spitzenbetrieben des Landes.

Beim Stallrundgang fiel schnell auf, dass die Sauen sehr entspannt auf fremde Personen reagieren – und das trotz oder gerade wegen der ­fehlenden Fixierung. Denn die Johanssons setzen die Sauen zu keinem Zeitpunkt fest. Ganz ohne Schutzvorkehrungen für die Ferkel geht es aber im Abferkelstall nicht.

Um das Erdrückungsrisiko zu senken, sind an den Wänden der ca. 6 m² großen Buchten Abrollbügel angebracht. Zudem ist das Ferkelnest vom Bewegungsraum der Sau abgetrennt und abgedeckt. Bei der Ausstattung sticht auch der rund zwei Meter lange Bodentrog ins Auge, den sich Sau und Ferkel teilen. „Die Jungtiere fangen früh an, bei der Sau mitzufressen und werden so kontinuierlich an die selbstständige Futter- und Wasseraufnahme herangeführt“, erklärt Niklas Johansson.

Kaum Nekrosen

Obwohl die Gesetzgebung nur vier Wochen Säugezeit vorschreibt, sind die Johanssons wie viele Ferkelerzeuger in Schweden dazu übergegangen, die Ferkel fünf Wochen bei der Sau zu lassen. „Die Erfahrung zeigt, dass sich die längere Säugezeit positiv auf die Robustheit auswirkt und wir in dieser empfindlichen Altersphase kaum...