Tierrechtler-Aktion: Wieder Schweinehalter öffentlich angeprangert

Die Aktivisten haben ihre heimlich aufgenommenen Videos dem Spiegel und dem ZDF zugespielt.

Schockbilder im Doppelpack: Parallel berichten derzeit das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ und die ZDF-Sendung „Frontal“ über schwer verletzte Schweine mit eitrigen Abszessen, offenen Wunden und abgebissenen Schwänzen. Die Bilder sollen aus sieben deutschen Betrieben in NRW und Niedersachsen stammen. Zudem sollen alle Landwirte Lieferanten von Westfleisch sein. Ein weiterer Vorwurf lautet, dass tote Tiere nicht aus den Buchten genommen wurden. In einer Filmszene ist tatsächlich ein totes, stark aufgedunsenes Schwein zu sehen. Ob diese Bilder aber aktuell sind oder aus früheren Aufnahmen stammen, lässt sich nicht nachverfolgen.

Anders als in früheren Berichten haben sich die Autoren diesmal aber nicht nur auf das Erheben von Vorwürfen in Richtung der Schweinehalter und ausschließlich auf das Zeigen von schweren Tierschutzverstößen beschränkt. Sie beschäftigen sich auch mit der Frage, wo es beim Umbau der Nutztierhaltung hakt. In diesem Zusammenhang kommen auch Landwirte zu Wort, die nicht in Zusammenhang mit den Filmaufnahmen stehen.

Einer davon ist Sauenhalter Thomas Ostendorf, den die Filmcrew zu der Tierschutzthematik interviewt hat. Er betont im Bericht von Frontal, dass die Landwirte seit Monaten kein Geld verdienen und für höhere Tierwohlleistungen endlich langfristig zugesichert mehr Geld erhalten müssen. Ostendorf erhob auch Vorwürfe in Richtung des Lebensmitteleinzelhandels. Der könne nicht einerseits die Preise im Laden senken um beim Kunden schön Wetter zu machen, andererseits von den Bauern aber immer mehr Tierwohlleistungen fordern. „Das geht nicht einher, das halte ich alles für einen Marketinggag“, so der Landwirt.

Auch Agrarwissenschaftler Prof. Harald Grethe von der Humboldt-Universität zu Berlin übt Kritik. Er moniert im Bericht insbesondere die viel zu zögerliche Haltung der Politik beim Umbau der Nutztierhaltung. Um Tiere artgerecht zu halten, benötige es mehr Geld. Die Zusatzkosten in der Schweineproduktion liegen bei 20 bis 30 %, sagt Grethe, der Mitglied der Borchert-Kommission ist. „Wir hinken politisch hinterher und fördern viel zu wenig das, was wir als Gesellschaft haben wollen. Dabei liegen längst ausgearbeitete Vorschläge auf dem Tisch, wie man mehr Tierwohl fördern und finanzieren kann“, so Grethe.

Laut den Berichten stammen alle Aufnahmen aus Betrieben, die ihre Schweine an Westfleisch liefern. In einer Stellungnahme gab Westfleisch an, dass das Unternehmen die Vorwürfe gegen die einzelnen Tierhalter sehr ernst nehme. "Unsere Mitarbeitenden haben direkt Kontakt mit den betroffenen Landwirten, mit den amtlichen Veterinären sowie der QS GmbH Qualität und Sicherheit aufgenommen – und stehen weiterhin im engen Austausch mit ihnen", heißt es in der Stellungnahme.

Westfleisch kündigte außerdem weitere Schritte an. Zunächst sollen alle betroffenen Betriebe kontrolliert werden und ein umfangreiches Sonder-Monitoring durchgeführt werden. Ebenso werde man kurzfristig alle Lieferbetriebe besichtigen und den Status quo genau dokumentieren. Darüber hinaus wolle Westfleisch sein Kontrollnetz durch eine "risikoorientierte Lebendtieruntersuchung" erweitern, heißt es in der Stellungnahme. "Der Status quo ist klar: Transportunfähige und schlachtunfähige Tiere wurden und werden in Westfleisch-Betrieben definitiv nicht zur Schlachtung angenommen", so das Unternehmen.